Nicht jedes Steuersparmodell ist eine unzulässige Steuerumgehung

Der Bundesfinanzhof hat ein Herz für Steuersparer. Nach der ständigen Rechtsprechung des höchsten deutschen Finanzgerichts steht es jedem Steuerpflichtigen grundsätzlich frei, seine Angelegenheiten so einzurichten, dass er möglichst wenig Steuern zahlen muss. Von mehreren Gestaltungsmöglichkeiten darf man daher die steuerlich günstigste auswählen.

Tipp: Steuern sparen ist grundsätzlich vollkommen legal und das gute Recht eines jeden Bürgers. Ausdrücklich steht es dabei auch Angehörigen frei, ihre Rechtsverhältnisse untereinander steuerlich möglichst günstig zu gestalten.

Ein Missbrauch ist nach dem Wortlaut des Gesetzes gegeben, „wenn eine unangemessene rechtliche Gestaltung gewählt wird, die beim Steuerpflichtigen oder einem Dritten im Vergleich zu einer angemessenen Gestaltung zu einem gesetzlich nicht vorgesehenen Steuervorteil führt“.

Steuertipp: Entlastende außersteuerliche Gründe – nur wenn sie beachtlich sind!

Kein Missbrauch liegt vor, wenn der Steuerpflichtige für die gewählte Gestaltung außersteuerliche Gründe nachweist, die nach dem Gesamtbild der Verhältnisse beachtlich sind.

Tipp: Typische Beispiele für außersteuerliche Gründe sind die Minimierung des persönlichen Haftungsrisikos, die Inanspruchnahme von Subventionen, Vorteile bei der Finanzierung, die Förderung des Familienzusammenhalts, mehr Anonymität, eine Arbeitserleichterung sowie mehr Freizeit.

Für Paragraf 42 AO ist kein Raum, wenn der Steuerpflichtige einen vom Steuergesetz vorgezeichneten Weg wählt. Ein Antrag auf getrennte Veranlagung stellt daher grundsätzlich keinen Missbrauch dar.

Für Steuerfachleute ist der Hinweis wichtig, dass die generelle Missbrauchsnorm des Paragrafen 42 AO keine Anwendung findet, wenn es eine spezielle Missbrauchsbestimmung gibt. Dies gilt beispielsweise für den 2005 eingeführten Paragraf 15b des Einkommensteuergesetzes, der den Abzug von Verlusten im Zusammenhang mit Steuerstundungsmodellen regelt.

Tipp: Bei der Frage, ob Fondsetablierungskosten bei modellhafter Gestaltung als sofort abzugsfähige Betriebsausgaben zu berücksichtigen sind, darf sich das Finanzamt seit dem Inkrafttreten von Paragraf 15b des Einkommensteuergesetzes nicht mehr auf die allgemeine Missbrauchsvorschrift stützen.

Wichtige Entscheidungen des Bundesfinanzhofs zum Gestaltungsmissbrauch

  • Das Finanzamt muss eine Überkreuzvermietung zwischen nahen Angehörigen akzeptieren, wenn es dafür wirtschaftlich vernünftige Gründe gibt. Das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn die Objekte an unterschiedlichen Orten liegen und die jeweiligen Mieter eine bessere Anbindung an Arbeitsstätte, Schule oder Kindergarten haben.
  • Die Zwischenschaltung einer nahe stehenden Person im Rahmen von Grundstücksaktivitäten des Steuerpflichtigen kann im Falle der beabsichtigten Vermeidung eines gewerblichen Grundstückshandels nach der Rechtsprechung des BFH einen Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten begründen.
  • Schenkt ein Elternteil einem Kind ein Grundstück und schenkt das bedachte Kind unmittelbar im Anschluss an die ausgeführte Schenkung einen Miteigentumsanteil an dem Grundstück an seinen Ehegatten weiter, ohne dem Elternteil gegenüber zur Weiterschenkung verpflichtet zu sein, liegt schenkungsteuerlich keine Zuwendung des Elternteils an das Schwiegerkind vor. Ein Gestaltungsmissbrauch ist im Hinblick auf die zivilrechtlichen Rechtsfolgen regelmäßig zu verneinen.
  • Im Hinblick auf einen gewerblichen Grundstückshandel ist die Zwischenschaltung einer GmbH grundsätzlich nicht missbräuchlich, wenn die GmbH nicht funktionslos ist, das heißt, wenn sie eine wesentliche – wertschöpfende – eigene Tätigkeit ausübt wie beispielsweise die Bebauung des erworbenen Grundstücks.
  • Verschenkt ein Aktionär an seine minderjährigen Kinder im Wert gestiegene Aktien und veräußern diese die Aktien an einen dritten Erwerber, genügt ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen der Schenkung und der Veräußerung allein nicht, um von einer steuerlich unbeachtlichen Zwischenschaltung der Kinder auszugehen. Ein Gestaltungsmissbrauch kann allenfalls dann vorliegen, wenn der Verkauf der Aktien vor der Schenkung bereits verhandelt und beschlossen war.
  • Selbst wenn bei einer Veräußerung von Aktien der Veräußerungserlös nicht die Transaktionskosten übersteigen sollte, handelt es sich um keinen Gestaltungsmissbrauch. Es steht grundsätzlich im Belieben des Steuerpflichtigen, ob, wann und mit welchem Ertrag er Wertpapiere erwirbt und wieder veräußert.
  • Veräußert und erwirbt ein Börsenmakler an einer Börse mit taggleicher Ausführung Bezugsrechte und kann er aufgrund der Umstände, seiner persönlichen Kenntnisse und seines Einflusses auf die Durchführung des Handels davon ausgehen, dieselbe Zahl von Bezugsrechten zum Verkaufspreis sicher wieder erwerben zu können, ohne die Kauforder eines Dritten fürchten zu müssen, kann darin ein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten liegen.
  • Die verlustbringende Veräußerung eines im Privatvermögen gehaltenen Anteils an einer Kapitalgesellschaft an einen Mitgesellschafter ist nicht deshalb rechtsmissbräuchlich, weil der Veräußerer in engem zeitlichen Zusammenhang von einem anderen Mitgesellschafter Anteile an derselben GmbH in gleichem Umfang erwirbt (so genannte ringweise Anteilsveräußerung).
  • Bei einer Vorabverwaltungsgebühr, die bei Abschluss einer Kapitalanlage vor der Einführung der Abgeltungsteuer zum 1. Januar 2009 gezahlt wurde, handelt es sich um abziehbare Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen. Aus dem zeitlichen Zusammenhang mit dem Gesetzgebungsverfahren zur Abgeltungsteuer kann allein nicht darauf geschlossen werden, dass es sich um eine missbräuchliche Gestaltung zur Umgehung des ab 2009 geltenden Abzugsverbots für Werbungskosten handelt.
  • Ermittelt eine Personengesellschaft ihren Gewinn für Handelsschiffe im internationalen Verkehr gemäß Paragraf 5a des Einkommensteuergesetzes nach der Tonnage, umfasst der pauschal ermittelte Betrag auch Gewinne aus der Veräußerung von Mitunternehmeranteilen unabhängig von der Beteiligungsdauer. Ein Gestaltungsmissbrauch ist in der Nutzung der Abgeltungswirkung für Veräußerungsgewinne nach kurzer Beteiligungsdauer nicht zu sehen.
  • Die kurzfristige Einlage von Geld (so genanntes Windowdressing) stellt einen Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten dar, wenn sie allein dazu dient, die Hinzurechnung nicht abziehbarer Schuldzinsen zu umgehen. In diesem Fall entsteht der Steueranspruch so, wie er entstanden wäre, wenn die Einlage unterblieben wäre.
  • Werden von mehreren Gesellschaften gegenüber nicht zum Vorsteuerabzug berechtigten Leistungsempfängern inhaltsgleiche Buchführungsleistungen deshalb nacheinander erbracht, um mehrfach die Kleinunternehmerregelung in Anspruch nehmen zu können, liegt eine zweckwidrige Inanspruchnahme der Kleinunternehmerregelung vor, die zu ihrer Versagung führt.
  • Die Überlassung eines Dienstwagens zur unbeschränkten und selbstbeteiligungsfreien Privatnutzung des Arbeitnehmers ist im Rahmen eines geringfügigen zwischen Ehegatten geschlossenen Beschäftigungsverhältnisses (Minijob) fremdunüblich.
  • Die Abtretung von Gesellschafterforderungen im Zusammenhang mit einem so genannten Mantelkauf ist nicht stets als Gestaltungsmissbrauch anzusehen und wie ein Forderungsverzicht zu behandeln.